Rechtzeitig vor dem Jahresende empfiehlt es sich, einen Steuer-Check zu machen und sich folgende Fragen zu stellen: Wurden auch alle Möglichkeiten legaler steuerlicher Gestaltungen wirklich genutzt und nichts übersehen? Was ist vor dem Jahreswechsel noch unbedingt zu erledigen? Am 32. Dezember ist es jedenfalls zu spät!
Checkliste: Steuertipps zum Jahresende für Arbeitnehmer

1. Automatische Rückerstattung von Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherungsbeiträgen ab dem Beitragsjahr 2019 bei Mehrfachversicherung
Beginnend mit dem Beitragsjahr 2019 werden die aufgrund einer Mehrfachversicherung (zB gleichzeitig zwei oder mehr Dienstverhältnisse oder unselbständige und selbständige Tätigkeiten) über die Höchstbeitragsgrundlage hinaus geleisteten Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherungsbeiträge von Amts wegen erstattet. (10,26% Pensionsversicherung, 3,87% Krankenversicherung, 3% Arbeitslosenversicherung). In der Pensionsversicherung werden die zu erstattenden Beiträge entsprechend der zeitlichen Lagerung aufgewertet und in halber Höhe erstattet.
Achtung: Die Rückerstattung ist lohn- bzw. einkommensteuerpflichtig!
2. Arbeitnehmerveranlagung 2017 sowie Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer des Jahres 2017 beantragen
Wer zwecks Geltendmachung von Steuervorteilen, wie
- Steuerrefundierung bei schwankenden Bezügen (Jahresausgleichseffekt);
- Geltendmachung von Werbungskosten, Pendlerpauschale und Pendlereuro, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen;
- Verlusten aus anderen Einkünften, zB Vermietungseinkünften;
- Geltendmachung von Alleinverdiener- bzw Alleinerzieherabsetzbetrag bzw des Kinderzuschlags;
- Geltendmachung des Unterhaltsabsetzbetrags;
- Gutschrift von Negativsteuern
eine Arbeitnehmerveranlagung beantragen will, hat dafür 5 Jahre Zeit. Hat ein Dienstgeber im Jahr 2017 von den Gehaltsbezügen eines Arbeitnehmers zu Unrecht Lohnsteuer einbehalten, kann dieser bis spätestens 31.12.2022 beim Finanzamt einen Rückzahlungsantrag stellen.
3. Werbungskosten noch vor dem 31.12.2022 bezahlen
Werbungskosten müssen bis zum 31.12.2022 bezahlt werden, damit sie heuer noch von der Steuer abgesetzt werden können. Denken Sie dabei insbesondere an Fortbildungskosten (Seminare, Kurse, Schulungen, etc. samt allen damit verbundenen Nebenkosten wie Reisekosten und Verpflegungsmehraufwand), Familienheimfahrten, Kosten für eine doppelte Haushaltsführung, Telefonspesen, Fachliteratur, beruflich veranlasste Mitgliedsbeiträge etc. Auch heuer geleistete Vorauszahlungen für derartige Kosten können noch heuer abgesetzt werden. Auch Ausbildungskosten, wenn sie mit der beruflichen oder einer verwandten Tätigkeit in Zusammenhang stehen und Kosten der Umschulung können als Werbungskosten geltend gemacht werden.
CONSULTATIO-TIPP: Auch Aufwendungen für Arbeitsmittel können als Werbungskosten abgesetzt werden, wobei auch hier die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter gilt. Wenn Sie sich daher privat einen Computer anschaffen, den Sie für berufliche Zwecke benötigen, kann er im Jahr 2022 – soweit die Anschaffungskosten EUR 800 nicht übersteigen – sofort abgeschrieben werden. Denken Sie daran, dass die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass dieser Computer auch privat genutzt werden kann und ohne Nachweis ein Privatanteil von 40% auszuscheiden ist. Zusätzlich dazu können, vorerst zeitlich begrenzt bis 2023, Kosten von bis zu EUR 300 für ergonomisch geeignetes Mobilar (z.B. Drehstuhl, Schreibtisch, Beleuchtung) über die Arbeitnehmerveranlagung abgesetzt werden. Voraussetzung zur Geltendmachung dieser Kosten ist, dass der Arbeitnehmer mindestens 26 Tage im Jahr im Homeoffice arbeitet.
4. Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten und freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung
Ohne Höchstbetragsbegrenzung, unabhängig vom Einkommen und neben dem „Sonderausgabentopf“ sind etwa Nachkäufe von Pensionsversicherungszeiten (Kauf von Schul- und Studienzeiten) und freiwillige Weiterversicherungsbeiträge in der Pensionsversicherung absetzbar. Einmalzahlungen können auf Antrag auf 10 Jahre verteilt als Sonderausgabe abgesetzt werden.
5. Renten, Steuerberatungskosten und Kirchenbeitrag
Unbeschränkt absetzbare Sonderausgaben sind weiterhin bestimmte Renten (zB Kaufpreisrenten nach Ablauf bestimmter steuerlicher Fristen, vom Erben zu bezahlende Rentenlegate) sowie Steuerberatungskosten. Kirchenbeiträge (auch wenn sie an vergleichbare Religionsgesellschaften in der EU/EWR bezahlt werden) sind mit einem jährlichen Höchstbetrag von EUR 400 begrenzt.
6. Spenden
Folgende Spenden können steuerlich als Sonderausgaben/Betriebsausgaben abgesetzt werden:
- Spenden für Forschungsaufgaben oder der Erwachsenenbildung dienende Lehraufgaben an bestimmte Einrichtungen sowie Spenden an bestimmte im Gesetz taxativ aufgezählte Organisationen, wie zB Museen, Bundesdenkmalamt und Behindertensportdachverbände.
- Spenden für mildtätige Zwecke, für die Bekämpfung von Armut und Not in Entwicklungsländern und für die Hilfestellung in nationalen und internationalen Katastrophenfällen.
- Spenden an Organisationen, die sich dem Umwelt-, Natur- und Artenschutz widmen, Tierheime, freiwillige Feuerwehren, Landesfeuerwehrverbände und die Internationale Anti-Korruptions-Akademie (IACA), allgemein zugängliche Präsentation von Kunstwerken etc.
Die meisten begünstigten Spendenempfänger müssen sich beim Finanzamt registrieren lassen und werden auf der Homepage des BMF veröffentlicht. Die Spenden an alle begünstigten Spendenempfänger sind innerhalb folgender Grenzen absetzbar:
- Als Betriebsausgaben können Spenden bis zu 10 % des Gewinns des laufenden Wirtschaftsjahres abgezogen werden.
- Als Sonderausgaben absetzbare private Spenden sind mit 10 % des aktuellen Jahreseinkommens begrenzt, wobei schon abgezogene betriebliche Spenden auf diese Grenze angerechnet werden.
7. Öko-Sonderausgabenpauschale
Im Zuge der ökosozialen Steuerreform wurde ein neuer Sonderausgabentatbestand ab dem Jahr 2022 eingeführt. Neben den Ausgaben für die thermische Sanierung von Gebäuden ist auch der Ersatz von fossilen durch klimafreundlichere Heizsystemen begünstigt.
Wurden Kosten für die thermische Sanierung von EUR 4.000 bzw EUR 2.000 bei Heizkesseltausch (nach Abzug aller Förderungen) überschritten, so steht im Jahr 2022 das Öko-Sonderausgabenpauschale von EUR 800 bzw EUR 400 zu. Die restlichen Aufwendungen werden auf die kommenden 4 Jahre aufgeteilt. Dieses spezielle Sonderausgabenpauschale kann im Jahr 2022 allerdings nur dann geltend gemacht werden, wenn der zu Grunde liegende Förderantrag noch im Jahr 2022 eingebracht wird.
CONSULTATIO-TIPP: Spenden, Kirchenbeiträge oder Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung oder für den Nachkauf von Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung sowie die Pauschale für die thermisch-energetische Sanierung bzw. für den Austausch eines fossilen Heizsystems werden für das Jahr 2022 nur mehr auf Grund der elektronisch übermittelten Daten der Empfängerorganisationen bei Ihrer (Arbeitnehmer-)Veranlagung berücksichtigt.
8. Aussergewöhnliche Belastungen noch 2022 bezahlen
Voraussetzung für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die durch die Behandlung eine Linderung oder Heilung erfährt. Zu den abzugsfähigen Kosten zählen Kosten für Arzt, Medikamente, Spital, Betreuung, Ausgaben für Zahnbehandlungen oder medizinisch notwendige Kuraufenthalte und Aufwendungen für Heilbehelfe wie Zahnersatz, Sehbehelfe einschließlich Laserbehandlung zur Verbesserung der Sehfähigkeit, Hörgeräte, Prothesen, Gehhilfen und Bruchbänder. Steuerwirksam werden solche Ausgaben erst dann, wenn sie insgesamt einen vom Einkommen und Familienstand abhängigen Selbstbehalt (der maximal 12% des Einkommens beträgt) übersteigen.
CONSULTATIO-TIPP: Bestimmte außergewöhnliche Belastungen (zB Behinderungen, Katastrophenschäden, Kosten der auswärtigen Berufsausbildung der Kinder) sind ohne Kürzung um einen Selbstbehalt absetzbar. Auf Grund vermehrtem Auftritt von Unwettern im Jahr 2022 sind außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit Katastrophenschäden besonders zu beachten. Zu Katastrophenschäden zählen Kosten für die Beseitigung unmittelbarer Katastrophenschäden, die Kosten für Reparatur und Sanierung von beschädigten Gegenständen sowie Kosten für die Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände.
CONSULTATIO-TIPP: Krankheitskosten sind grundsätzlich von der erkrankten Person selbst zu tragen, wobei der erkrankten Person ein steuerfreies Existenzminimum von EUR 11.000 bleiben muss. Daher können Krankheitskosten vom (Ehe-)Partner übernommen und abgesetzt werden, wenn ohne Übernahme der Kosten das Einkommen des erkrankten (Ehe-)Partners unter das steuerliche Existenzminimum fallen würde.
9. Wertpapierverluste realisieren
Für Gewinne von Verkäufen von sogenanntem „Neuvermögen“ im Jahr 2022 fällt die Wertpapiergewinnsteuer von 27,5% an. Zum „Neuvermögen“ zählen alle seit dem 1.1.2011 erworbenen Aktien und Investmentfonds sowie alle anderen ab dem 1.4.2012 entgeltlich erworbenen Kapitalanlagen (insbesondere Anleihen, Derivate). Seit dem Jahr 2022 zählen auch erworbene Kryptowährungen, welche nach dem 31.3.2021 erworben wurden, zum „Neuvermögen“ und sind Erträgnisse daraus mit jenen von anderen Kapitalanlagen verrechenbar.
CONSULTATIO-TIPP: Verluste aus der Veräußerung dieser dem „Neuvermögen“ zuzurechnenden Kapitalanlagen können nicht nur mit Veräußerungsgewinnen, sondern auch mit Dividenden und Zinsen aus Anleihen (nicht jedoch mit zB Sparbuchzinsen) ausgeglichen werden.
CONSULTATIO-TIPP: Wenn Sie bei verschiedenen Banken Wertpapierdepots oder zB mit Ihrer Ehefrau ein Gemeinschaftsdepot haben, müssen Sie Bescheinigungen über den Verlustausgleich anfordern. Im Rahmen der Steuererklärungen können Sie dann eventuell bei einem Wertpapierdepot nicht verwertete Verluste mit den Einkünften aus dem anderen Wertpapierdepot ausgleichen.
10. Prämie für Zukunftsvorsorge und Bausparen auch 2022 lukrieren
Wer in die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge heuer noch mindestens EUR 3.123,04 investiert, erhält die mögliche Höchstprämie für 2022 von EUR 132,73. Jene Personen, die bereits die gesetzliche Alterspension beziehen, sind von der Förderung ausgenommen. Als Bausparprämie kann unverändert für den maximal geförderten Einzahlungsbetrag von EUR 1.200 pro Jahr noch ein Betrag von EUR 18 lukriert werden.
siehe auch Steuertipps zum Jahresende für Unternehmer